Liebe Bürgerinnen und Bürger, die
Sie für den Frieden bei uns und in anderen
Bereichen der Welt engagiert sind!
Mit dem Krieg im Kosovo vor wenigen
Monaten hat die Diskussion über Krieg,
über Waffenproduktion und Rüstungsexporte,
über den Einsatz von
Menschen, von technischen und finanziellen
Hilfen eine neue Dimension
erhalten: unser Land ist anders beteiligt
als früher, wir sind mitten im
Geschehen - direkt beteiligt, mit Soldaten,
Waffen, Militärtechnik, Logistik
und Entscheidungen. Knapp 60 Jahre nach
Beginn des zweiten Weltkriegs hat
der Bundestag mit großer Mehrheit
diesen Einsatz beschlossen; eine Minder-
heit hat diesen Beschluß nicht mitgetragen.
Viele haben die Entwicklung im ehemaligen
Jugoslawien gesehen und die
Eskalation befürchtet. Niemand von
uns hat diesen Krieg gewollt und niemand
kann das akzeptieren, was dieser Krieg hinterlassen
hat: Tote, Zerstörung,
unermessliches Leid - wie in jedem Krieg.
Der Krieg und auch das Ende des
Krieges haben zu keiner Lösung geführt.
Der Hass zwischen verschiedenen
Gruppen in der Bevölkerung ist nicht
geringer geworden, im Gegenteil; die
Chancen für ein friedliches Zusammenleben
scheinen weit entfernt.
Eine internationale Verantwortung
unseres Landes und anderer Länder wird
von uns allen befürwortet. Aber der
Krieg im Kosovo hat gezeigt: es gibt ein
militärisches Instrumentarium, das
mit viel Geld und technischer Intelligenz
immer neue, hoch entwickelte Geräte
zur Zerstörung von Mensch und Umwelt
hervorbringt; aber friedliche Instrumente,
die helfen können, einen Krieg zu
verhindern, sind kaum entwickelt.
Unser Ziel ist, daß Menschen
friedlich zusammenleben. Deshalb müssen wir
weit mehr Anstrengungen unternehmen, um
Instrumente des Friedens zu
entwickeln, die zu friedlichen Zusammenleben
und zu Zusammenarbeit führen
können. Ich denke dabei vor allem
- an die Friedens- und Konfliktforschung:
sie muß viel mehr Unterstützung
erhalten, sowohl finanzielle Mittel als
auch öffentliches Ansehen;
- an die vielfältigen Friedensdienste
der unterschiedlichsten Organisationen,
die Modelle des Zusammenlebens und der Konfliktbewältigung
erproben;
- an das Zusammenleben mit ausländischen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern,
besonders auch mit Bürgerkriegsflüchtlingen
und Asylsuchenden: hier können
wir selbst täglich lernen, mit Menschen
aus anderen Kulturen und Religionen
zusammenzuarbeiten, und können versuchen,
Menschen aus verfeindeten
Bevölkerungsgruppen - wie zum Beispiel
Türken und Kurden, Serben und
Kroaten oder Kosovoalbaner - Räume
für friedliches Zusammenleben bei uns
zu geben.
Als Sozialdemokratin und Bundestagsabgeordnete
will ich meinen Beitrag
dazu leisten.
Christa Lörcher, MdB